SIEBEN AUF EINEN STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an: Sencha
Sencha wurde 1995 geboren und lebt in einer kleinen Stadt in Süddeutschland.
Warum hast du angefangen zu zeichnen?
Schon seit der Grundschule schrieb ich gerne Geschichten, die ich mit kleinen Zeichnungen illustrierte. Als ich in der Jugend in Kontakt mit Manga kam, war ich sofort Feuer und Flamme für diese Kunstform. Mich faszinierte die starke Stilisierung und Ausdruckskraft, sowie die Gleichzeitigkeit von Wort und Bild, sodass ich begann, meine Geschichten in Mangaform zu Papier zu bringen.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Mein Stil ist immer noch stark von meinen Shoujo-Anfängen beeinflusst, doch versuche ich beständig, mein Repertoire zu erweitern. Besonders fasziniert bin ich im Augenblick von Licht und Farben und versuche besser darin zu werden, mit ihrer Hilfe Stimmung zu erzeugen. Da ich im Herzen Geschichten erzählen möchte, bemühe ich mich, vielfältige Kompositionen, Posen und Ausdrücke zu benutzen. Da ich noch viel ausprobiere, variiert mein Stil auch noch stark.
Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?
Meine Geschichten drehen sich fast alle um die kleinen Katastrophen, die das persönliche Mini-Universum durcheinanderbringen – es zu einem potentiell bedrohlichen oder aber hoffnungsvolleren Chaos machen. Zum einen, weil ich nicht die Zeit habe, große Epen neben Studium und Nebenjob zu entwerfen. Zum anderen, weil für mich der/die individuelle Einzelne mit seinen/ihren Zweifeln, Motivationen und Handlungen der Ursprung für größere Veränderung ist. Meine neueren Mangas handeln daher von Selbstakzeptanz, davon, wie Misstrauen zu Vertrauen werden kann, davon, seines eigenen Schicksals Herr zu werden, statt von anderen getrieben zu werden und zuletzt in meinem neuesten Manga davon, sich Schwierigkeiten mutig entgegenzustellen. Im weitesten Sinne geht es mir fast immer um die Verbesserung des Kohärenzsinns, also darum die eigene Welt ein bisschen besser verstehbar, kontrollierbar und sinnhafter zu gestalten.
Wie suchst du dir Inspiration?
Nach Inspiration suche ich selten gezielt, allerhöchstens für spezifische Illustrationen. Meist inspirieren mich einzelne Beziehungskonstellationen, schräge Charaktere oder schöne Zitate aus fiktionalen Geschichten oder meinem eigenen Leben. Manchmal will ich aber auch einfach mal ein Einmachglas zeichnen, weil ich es ästhetisch finde :D
Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?
Die starke Emotionalität durch Überzeichnung, das ausgiebige Nutzen einer Bildersprache mit vielen Stilisierungen, die Spannung durch die Gleichzeitigkeit von Wort und Bild: Das sind alles Dinge, die nicht das Alleinstellungsmerkmal von Comics, Cartoons und Illustrationen sind. Aber die intensive Kultivierung in diesen Bereichen, macht sie für mich besonders interessant.
Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Zeichner*in?
Mein schönstes Erlebnis als Zeichnerin ist – und ich bin mir bewusst wie kitschig das klingt – jedes Mal, wenn ich den Eindruck habe, mit Menschen, die meine Bilder betrachten oder meine Mangas lesen in emotionalen Kontakt zu kommen, weil sie von ihnen gerührt sind, betroffen sind oder weil ich sie zum Lachen gebracht habe. Ich habe dann das Gefühl, eine Art Kommunikation von teils schwierigen Emotionen ermöglicht zu haben. Und es ist einfach schön, Fremde zum Grinsen zu bringen. Mein schlimmstes Erlebnis war eine Auftragsarbeit und ein Wettbewerbsbeitrag, in der ich den Eindruck hatte, meinem eigenen Stil untreu werden zu müssen, um den Kunden/Wettbewerbsausrichter zufriedenzustellen. Ohne die Orientierung an meinen eigenen Vorstellungen und Vorlieben wusste ich kaum noch, was ich machen sollte und es sind meine einzigen Bilder, die ich nicht gerne betrachte. Bei schlechten Bildern weiß ich wenigstens, was ich versucht hatte und was ich dazu gelernt habe. Bei diesen beiden, wo ich nur meine Kreativität und mein handwerkliches Geschick benutzt habe, um jemanden Fremden zu gefallen, ohne eine Vision zu verfolgen, war das Ergebnis genauso leer, entbehrte jedweder Begeisterung.
Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?
Mir ist nicht egal, dass faschistisches und rechtes Gedankengut in den letzten Jahren zunehmend normalisiert wird. Es macht mich betroffen, dass Rassismus immer salonfähiger wird, dass rechtsextreme Gewalt zunimmt und dass ich miterleben muss, wie die Diskriminierung von allen Arten von Minderheiten selbst von meinem akademischen und liberalen Umfeld bagatellisiert und verharmlost wird.
Für dieses Projekt von mir möchte ich gerne Werbung machen:
Mein aktuelles Projekt ist ein Manga über ein Paar, das mit der plötzlichen Aussicht konfrontiert, eine Fernbeziehung führen zu müssen, eine gemeinsame Lösung findet. Er wird voraussichtlich erst im Frühjahr des nächsten Jahres fertig. Wen er aber interessiert, dem empfehle ich meiner Instagramseite zu folgen oder einen Blick auf meine animexx-Seite zu werfen, wo man auch meine älteren Mangas kostenlos lesen kann.
Comments are closed.