STEFAN SÄNGERLAUB

7AUF1STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an: Stefan Sängerlaub.

Stefan Sängerlaub wurde 1982 in Burg bei Magdeburg geboren und lebt und arbeitet in Hamburg.

Warum hast du angefangen zu zeichnen?

Als Kind habe ich, wie wohl die meisten Kinder, gerne gezeichnet. Einfach so vor mich hin, als Spiel, zum Erfinden. Ich erinnere mich noch, dass ich vor allem Burgen, Kräne, Landschaften und solche Sachen gerne gezeichnet habe. Später habe ich dann viel Comic-Figuren gezeichnet, von Disney bis hin zu Marvel. Vor ein paar Jahren habe ich das Zeichnen für mich neu entdeckt, in einer improvisierten, frei fließenden Art. Ich mag den Begriff des automatischen Zeichnens dafür sehr gerne, denn nach einer gewissen Zeit entsteht und kristallisiert sich „automatisch“ immer etwas daraus. Und es ist auch eine super Methode, um das Bewusste und Logische mal herunterzufahren. Die Hände übernehmen dann das Steuer und erfinden etwas, mit dem ich vorher nie gerechnet hätte. Auf der anderen Seite zeichne ich gerne auch mit einem Ziel vor Augen, etwa um Ideen in schnellen Scribbles auszuloten oder um ein bestimmtes Motiv auf das Essenzielle zu reduzieren, um es „klarer“ zu machen.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Rein visuell würde ich meinen Stil als gesättigt, dicht, dynamisch und verspielt beschreiben. Am besten kann ich meinen Stil jedoch anhand meiner Arbeitsweise beschreiben. Es sind grundsätzlich zwei Arten von Bildern, die ich verfolge, die wie ein Tandem für mich funktionieren: Auf der einen Seite sind es oftmals zwischen abstrakten und konkreten Motiven angesiedelte Bilder und Animationen, bei denen ich den Bildschirm wie eine offene Leinwand ansehe. Der Prozess dahinter ist wie eine Mischung aus Lego und Malerei: Als kleiner Junge habe ich sehr viel mit Lego gespielt. Ich habe bei neuen Sets selten nach Anleitung zu Ende gebaut, sondern fing immer schon auf halber Strecke an, aus den vorhandenen Steinen neue Sachen zu erfinden und Geschichten zu erzählen. Und doch fehlte mir zum „Fertigbauen“ immer der letzte, ganz spezielle Stein. Heute erschaffe ich mir meine „Bausteine“ mit verschiedenen Techniken in 3D, digitalen Zeichnungen und Procedural Systems (eine Mischung aus Coding und visuellem Programming) selbst. Mit letzteren lege ich die Regeln für Formen, Farben etc. fest, die ich in den Bildern, an denen ich gerade arbeite, haben will und lasse mich dann überraschen, welche Varianten das System für mich daraus konstruiert. Diese „Bausteine“ und „Pinsel“ wähle ich dann aus, entwickle sie bei Bedarf weiter und „baue“ damit meine Bildwelten, ich kann mit ihnen in 3D „malen“, animieren usw. Mein liebster Zustand ist, wenn die Arbeit mit 3D und diesen eigentlich hochgradig technisierten und formelhaften Systemen dann letztlich doch sehr intuitiv werden kann und es mir erlaubt, wie bei der Malerei im „Flow“ zu arbeiten. Dann entstehen die für mich spannendsten Arbeiten, weil ich nur zu einem bestimmten Teil vorher wissen kann, wo ich anhand dessen, womit ich gestartet bin, am Ende lande. Es ist ein offener Prozess, bei dem ich die Zutaten auswähle, in einen Topf werfe und dann gewissermaßen beim Kochen improvisiere. Auch wenn es auf den ersten Blick wie ein Widerspruch klingen mag – gerade dadurch bin ich sehr bei mir und bei dem, wohin ich möchte. Die zweite Art von Bildern entsteht gegensätzlich dazu aus der Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema und beginnt mit einer konkreten Idee und mit Zeichnungen, um die Idee klarer zu machen. Danach übertrage ich die Motividee dann von der Linie in 3D, spiele mit Farben, Formen und Licht, ggf. animiere ich usw. Manchmal begegnen sich diese beiden unterschiedlichen Ansätze und manchmal arbeiten sie auch zusammen. ;) Bisher liegt mein Fokus – vor allem beruflich – klar bei den 3D- und Procedural-Arbeiten. Aber in der nahen Zukunft möchte ich auch der illustrativen Seite mehr Zeit widmen und in diesem Bereich arbeiten und Arbeiten veröffentlichen.

Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?

Bei meinen „offenen“ Bildern liegt mir der Prozess selbst sehr am Herzen, das Entdecken und Aneignen von neuen Bildformen, das Unbekannte, Unerwartete, das Schöne, Ungeschliffene, auch das Übersetzen von erlebter Realität in eine andere, eigene digitale Ästhetik. Bei meinen illustrativen Arbeiten sind die Themen meistens entweder politisch, psychologisch oder persönlich. Diese Bilder sind oft wie ein Spiegel zwischen Innen und Außen, meinem Erleben und den Einflüssen und Ereignissen, die von außen – auch medial – auf mich einprasseln.

Wie suchst du dir Inspiration?

Ich suche meist gar nicht danach, es gibt immer etwas, das mich inspiriert, beschäftigt oder fasziniert. Was ich dann mit mir herumtrage und das dann später auf irgendeine Art in meinen Bildern auftaucht. Beim Spazierengehen, unter der Dusche, sehr oft kurz vor dem Einschlafen oder nach dem Aufwachen, wenn die Tür zum Unbewussten aufgeht – da gibt es dann immer eine ganze Reihe an Dingen, die einsickern. Wenn ich mal nach Inspiration suche, dann ist es überwiegend eine Mischung aus Kunstbüchern, Instagram und Pinterest.

Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?

Das kann ich nicht beurteilen. Jedes Medium hat seinen eigenen Reiz und seine eigenen Möglichkeiten. Ich arbeite auf meine Weise, weil sie mir erlaubt, mich darin zu spiegeln und immer wieder neu zu entdecken, was Bilder für mich sind, was sie sein können und wo darin dann „ich“ bin. Ich kann aus meinen unterschiedlichen Einflüssen und Vorlieben eine eigene Bildsprache entwickeln und sie je nach Idee oder Thema im Look flexibler anpassen, als ich es unter anderen Umständen könnte. Ich kann eigenen Charakteren via Motion Capture selbst Leben einhauchen. Ich kann Teile meiner Umgebung als Teil meiner digitalen Bilder verwenden, samplen und verfremden usw. Von diesen kreativen Möglichkeiten habe ich als kleiner Junge oder auch später im Studium nur träumen können. Ich unterscheide auch gar nicht so sehr zwischen analogen/traditionellen oder digitalen Medien – letztlich greift eines ins andere. Bilder sind universell und können ausdrücken, wozu oder worüber einem manchmal die Worte fehlen. Sie können Gefühle freilegen, subjektives und gesellschaftliche Prozesse zeigen und hinterfragen – oder sie gänzlich auf den Kopf stellen. Bei allem gedanklichen und emotionalen Überbau sind Bilder aber oft einfach auch Spielplätze, auf denen man sich austoben kann. Das macht für mich die Faszination daran aus.

Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Zeichner*in?

Bisher habe ich keine „schlimmen“ Erlebnisse gehabt. Dass ich aber genre-übergreifend unterwegs bin, ist manchmal Fluch und Segen zugleich.

Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?

Mir ist nicht egal, dass so vieles in der Welt im Argen liegt, es so viel Ungerechtigkeit gibt, so viel Zerstörung und Bequemlichkeit darüber. Dass es bei so gut wie allem nur ein bisschen mehr Aufmerksamkeit, Engagement und gelebte Reflexion bräuchte, um einen bedeutenden Unterschied zu machen.

Für dieses Projekt möchte ich Werbung machen:

Anfang Mai bekommt meine Website einen kompletten Relaunch. Schaut gerne mal vorbei! :) Wer mir bei Instagram folgen will, kann das gerne auf meinen beiden Kanälen tun:

Website: stefan-saengerlaub.de
Instagram: @stefan_saengerlaub
Instagram (2): @mr_singerleaves

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