SIEBEN AUF EINEN STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an:Patrick Spät.
Patrick Spät wurde 1982 geboren und lebt und arbeitet als Comicszenarist in Berlin.
Warum hast du angefangen zu schreiben?
Beruflich habe ich in den späten 2000ern angefangen zu schreiben, erst Journalistisches, danach Sachbücher. Mir macht’s einfach Spaß, mit Wörtern zu hantieren und Storys zu entwerfen. Und weil mir auch alles Visuelle und Grafische und insbesondere Comics schon immer große Freude bereiten, habe ich dann 2016 mit dem Comicschreiben begonnen. Ich liebe das Zusammenspiel von Text und Bild, das als Kopfkino schon beim Verfassen des Szenarios entsteht. Und bei der anschließenden Zusammenarbeit mit den Zeichner:innen entfaltet sich ein spannendes Ping-Pong zwischen Geschriebenem und Gezeichnetem.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Hm, ich versuche möglichst direkt und ohne Schnörkel oder Bandwurmsätze zu schreiben. Stilistisch habe ich ein Faible für die Literatur der Neuen Sachlichkeit. Wenn ich einen Plot ausarbeite, tendiere ich dazu, die Geschichte ziemlich schnell zu erzählen: Ereignis, Ereignis, Ereignis, zack, zack, zack, wie in Billy Wilders Film „Eins, zwei, drei“. Das hat Vor- und Nachteile, und ich danke allen kritischen Leser:innen meiner Entwürfe, dass sie mich manchmal bremsen. Im Sommer 2021 habe ich spaßeshalber meinen ersten Kurz-Comic gezeichnet, das Ergebnis (siehe Bild unten) würde man wohl am ehesten als „ignorant style“ bezeichnen.
Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?
Vor allem Gesellschaftskritik im weiteren Sinne, gerne auch mit einer Prise Humor. Und ich interessiere mich für historische Themen mit Bezug zur Gegenwart. Aus solchen Themen entwickle ich derzeit meine Comicscripts. Der reale Hintergrund dient dabei als Fundament, das Haus obendrauf enthält dann auch erfundene Elemente.
Wie suchst du dir Inspiration?
Menschen, Reisen, Netflix, gesellschaftspolitische Debatten. Für die historischen Themen auch Dokus und Internetseiten mit bizarren historischen Anekdoten. Mich kann das Flair eines Ghibli-Films ebenso inspirieren wie der Flow eines Comics von Jaime Hernandez. Ich lese viele Comics: Wenn ich einen Comic mag, dann genieße ich ihn beim ersten Lesen – und beim zweiten Lesen versuche ich zu verstehen, warum ich ihn eigentlich mag. Diese Methode hilft mir irgendwie beim Arbeiten, und der Input dabei schafft auch Inspiration für eigene Sachen. Aber Kreativität ist ja eine verzwickte Sache, weil unser Hirn oft faul ist und die erstbeste Lösung wählt, die wir ohnehin schon kennen. Inspiration ist für mich ein Mix aus geordneter Denkarbeit und chaotischem Loslassen.
Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?
Schon ein einziges Comic-Panel mit einer guten Zeichnung kann irre viel Gefühl haben und manchmal mehr ausdrücken als hundert Buchseiten. (Romane mit allzu viel Nabelschau und sogenannter „deutscher Innerlichkeit“ sind mir eh suspekt.) Es ist müßig, verschiedene Medien gegeneinander auszuspielen, aber bei einer Zeichnung oder Illustration fühle ich binnen Sekunden, ob sie Herz und Power hat. Und wenn dann auch die Story viel Gefühl hat und gut gebaut ist, entspannt sich zwischen den Panels ein ganzes Universum im Kopf der Leser:innen. Ich denke, darin liegt die Stärke des sequentiellen Erzählens. Und trotz aller CGI-Filmtechnik ist es beim Comic immer noch einfacher, ein von dreiköpfigen Giraffen gesteuertes U-Boot durch die überschwemmten U-Bahn-Tunnel von Berlin tauchen zu lassen.
Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Comicszenarist?
Ganz klischeehaft, aber ist so: Das schönste Erlebnis war, als 2019 nach dreijähriger Arbeit mein erster Comic aus der Druckerei kam. Und die Zusammenarbeit mit Bea Davies (Instagram), der Zeichnerin von „Der König der Vagabunden“, war ebenso fabelhaft wie die jetzige Zusammenarbeit mit der Zeichnerin Sheree Domingo (Instagram). Es ist voll schön zu sehen, wie diese Künstlerinnen meine Scripts interpretieren und zum Leben erwecken. Schlimm ist, wenn Texte oder Bilder unwiederbringlich verlorengehen. Deshalb bin ich fast manisch, was Backups anbelangt.
Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?
Mir ist nicht egal, dass sich Menschen seit eh und je gegenseitig ausbeuten, anfeinden, verletzen. Und mir ist nicht egal, dass mit „Corporate Memphis“ vermehrt ein seelenloser Zeichenstil um sich greift.
Für dieses Projekt möchte ich gerne Werbung machen:
Okay, es dauert zwar noch ein bisschen, aber: Im Herbst 2022 erscheint bei der Edition Moderne der Comic „Madame Choi und die Monster“, an dem Sheree Domingo und ich gerade arbeiten.
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