SIEBEN AUF EINEN STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an: Oli Hummel.
Oli Hummel wurde 1977 geboren und lebt in München.
Warum hast du angefangen zu zeichnen?
Das kann ich gar nicht so genau sagen. Ich bin auf dem Land groß geworden und vielleicht ist es meinem maximalem Desinteresse gegenüber Fußball und Autos zu verdanken. :D Die Anfänge waren allerdings eher holprig, wenn ich an den Kindergarten oder die Grundschule zurückdenke. Dort musste beim Ausmalen alles innerhalb der vorgegebenen Linien oder Rahmenbedingung stattfinden, alles schön sauber und akkurat. Beim Ausbrechen aus diesen eng gesteckten Grenzen wurde schnell eine Grobmotorik oder schlimmeres befürchtet. Erst sehr viel später wurde mir vermittelt, dass auch freie Malerei, Zeichnen und Experimentieren einen hohen Stellenwert besitzt und gerade das Unfertige und Nicht-Perfekte wichtig ist und sehr ästhetisch sein kann.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Ich denke, ich habe gar keinen eigenen Stil. Ich möchte mich da auch nicht festlegen, da Stil oft irgendwelchen Trends unterliegt und nicht jeder Stil zu allen Inhalten passt. Das lässt mich sehr viel freier arbeiten und gibt mir immer wieder die Gelegenheit, mich auf etwas Neues einlassen zu können. In der Regel zeichne oder male ich analog, und die Kolorierung, Feintuning und zum Teil auch die Komposition entsteht dann am Rechner.
Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?
Interessant wird es meistens, wenn der Blick nicht stereotyp ist, wenn also eine neue oder andere Sichtweise auf die Dinge zugelassen wird. Eine Gesellschaft misst sich auch daran, wie ihr Umgang mit Menschen ist, die nicht der vermeintlichen Norm entsprechen. Deren Blick und Empfinden interessiert mich, insbesondere dann, wenn es keine Betrachtung von außen ist.
Wie suchst du dir Inspiration?
Zu Beginn benötige ich inhaltlichen und emotionalen Zugang zum Text, der Musik oder was auch immer bebildert werden soll. Bei einem Buch suche ich verbindende Details, Dinge, die sich mir optisch aufdrängen, die sich als roter Faden durch das Werk ziehen und die als ein guter Aufhänger für die Illustrationen dienen können. Im Anschluss wird viel skizziert, gemalt, verworfen, experimentiert und am Ende eine Auswahl getroffen, die den Stil und die Richtung vorgibt, mit der ich weiterarbeiten kann.
Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?
Sie können Dinge sichtbar machen, die mit Worten nur schwer darstellbar sind. Die Buchillustration hat beispielsweise die sensible Aufgabe, der Fantasie der Betrachtenden nicht zu viel vorwegzunehmen. Sie muss offen und interpretierbar bleiben. Wenn das gelingt, entsteht etwas Neues, eine Verknüpfung, ein Spannungsfeld zwischen Wort und Bild, das im Idealfall eine zusätzliche Ebene generiert.
Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Zeichner*in?
Bei Auftragsarbeiten wird es meist unangenehm, wenn sich die Auftraggeber*innen selbst nicht einig sind und sehr viele Leute Einfluss auf das Werk haben wollen. Oft zerreißt es das Werk unter dem Versuch, es allen Beteiligten recht zu machen.
Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?
Mir ist nicht egal, dass die menschenverachtende Rechte mittlerweile immer mehr Gehör findet. Nicht, weil sie mehr sind, sondern, weil sie immer lauter und aggressiver kommunizieren und das als Aufreger natürlich auch Klicks generiert. Im Gegenzug werden Menschen, die andere Menschen vor dem Ertrinken und somit das Leben retten, kriminalisiert.
Für dieses Projekt möchte ich gerne Werbung machen:
Zum einen möchte ich ein bisschen Werbung für den engagierten und mutigen Film „Finsternis“ von Carsten Degenhardt machen. Der Film mit u.a. Michael Mendl und Tatja Seibt (beide sind aktuell in der Netflix-Serie „Dark“ zu sehen) befindet sich noch in der Entstehungsphase. Der Drehbeginn ist für Anfang 2021 angesetzt. Ich durfte hierfür die Teaser-Filmplakate gestalten und den Cast illustrieren.Zum anderen für eine extrem unterstützenswerte Organisation aus Berlin: www.fluechtlingspaten-syrien.de. Sie arbeitet im Bereich der Landesaufnahmeprogramme zur Familienzusammenführung syrischer Flüchtlinge durch Verpflichtungserklärungen und Spendenmöglichkeit. Sie hilft damit bei der einzigen legalen Möglichkeit, für syrische Geflüchtete mit einem Visum nach Deutschland zu gelangen und auseinander gerissene Familien wieder zusammenzubringen. Das waren zwei, ich hoffe das geht trotzdem durch ;)
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