FILIP KOLEK

7AUF1STRICH – gelegentlich stelle ich auch Menschen aus der Comic-Szene vor. Diesmal: Filip Kolek.

Filip Kolek leitet die Presseabteilungen für die Graphic-Novel-Label Reprodukt, avant-verlag und Edition Moderne. Er lebt und arbeitet in Berlin (Moabit).

Wie ist deine Leidenschaft für Comics entstanden?

Die ist mir in die Wiege gelegt worden, mein Vater war auch schon Comic-Liebhaber (ebenso wie Filmnerd und Undergroundmusik-Fan). Ich hatte schon in jungen Jahren seine Moebius-Comics in den Händen. Ich habe alles querbeet gelesen, was bei uns so rumlag. In der 5. oder 6. Klasse hatte ich ein Taschenbuch von X-Men (damals noch „Gruppe X“, Condor) auf dem Flohmarkt ergattert. Ich war komplett begeistert und fing an, alles mit Superhelden zu sammeln, alles Second Hand auf dem Flohmarkt oder per Inserat (die Lücken in der Sammlung und in den Storylines schloss ich mit der eigenen Fantasie). Später kam viel Frankobelgisches dazu und ab dem Studium Graphic Novels und Indie/Underground-Comics.

Die größten Hürden beim Vermarkten von Comics sind…

Viele Redakteur*innen, die über Comics berichten, bringen eine echte Begeisterung für das Medium mit und setzen sich auch redaktionsintern für Comickunst ein – wofür wir über alle Maße dankbar sind. Aber trotz der vielen Schritte in die richtige Richtung, hat sich in den letzten Jahren nur wenig redaktionelle Infrastruktur in Sachen Comic entwickelt. Sprich, die Comic-Berichterstattung hängt von engagierten und comic-interessierten Redakteur*innen ab und ist nicht wie Theater, Romane, Tanz, etc. als Kulturauftrag in den Feuilletons verankert. Bei einem Wechsel innerhalb der Redaktionen fängt man als Pressemensch wieder bei Null an. Die Herausforderung ist also, ein nachhaltiges kulturelles Interesse zu etablieren…

Welche Entwicklungen in der Comicszene findest du aktuell spannend?

 Ich bin großer Fan des Comic-Journalismus. (Joe Saccos Bosnien-Bücher zählen zu meinen Alltime-Favorites). Ich verfolge mit Spannung die Entwicklungen auf diesem Gebiet …

Welche drei neuen Talente würdest du empfehlen?

Michéle Fischels hat mit OUTLINE 2024 meiner Meinung nach das beste Debüt seit Jahren hingelegt. Auf den Kindercomic DER ZAHN (Kibitz), das Debüt der Hamburger Zeichnerin Ayşe Klinge, freue ich mich auch sehr. Und auch sehr begeistert hat mich Maren Amini mit ihrem Erstlingswerk AHMADJAN UND DER WIEDEHOPF (Carlsen).

Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?

Für mich liegt die Attraktivität des Comics in seinem Zwischenwesen – ist ein Medium, das die besten und spannendsten Attribute anderer Medien und Disziplinen wie Film, Roman, Malerei und Fotografie vereint und daraus was eigenes kreiert. 

Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Pressesprecher?

Mein schönstes oder sagen wir mal erinnerungswürdigstes Erlebnis war direkt zu Beginn meiner Laufbahn – 2012. Als Teil einer Pressekampagne für Alan Moores LOST GIRLS (Cross Cult) hatte ich mehrere Telefonate mit dem Altmeister (der, zumindest damals – aber würde mich nicht überraschen, wenn das auch heute noch so ist – keine Mail hatte …), eins davon richtig lang, während dessen er mir über eine Stunde einen Monolog über Gott und die Welt und Comicindustrie hielt und ich vor lauter „Star-Struck-Heit“ kein Wort rausbekam … 

Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?

Mir ist nicht egal, wohin sich unsere Gesellschaft klimapolitisch entwickelt und welche Zukunft mein Sohn auf diesem Planeten hat.

Für dieses Projekt möchte ich gerne Werbung machen:

„Esthers Tagebücher“, das Comic-Langzeitprojekt von Riad Sattouf, geht dieses Jahr mit dem 9. Band zu Ende. Die Serie ist sicherlich eine der außergewöhnlichsten Leseerfahrungen im Comicbereich. Die Reihe dokumentiert die Kindheit und Adoleszenz eines Pariser Mädchens – das es auch wirklich gibt. Seit sie 10 ist gibt die echte Esther (die Tochter eines befreundeten Ehepaares von Sattouf) dem Zeichner ein kurzes Update aus ihrem Alltag, jeder Band sammelt 52 Comicstrips/52 Wochen – und damit ein Lebensjahr. Dieses Jahr wird Esther 18 und die lange Comic-Dokumentation geht in ihr großes Finale. 

LinkedIN: Filip Kolek
SplitterCast: Podcast mit Filip im Interview

Porträt-Illustration: Anne Becker


Filip empfiehlt:

Lost Girls

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