SIEBEN AUF EINEN STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an: Eva Mueller.
Eva Mueller wurde 1981 geboren und wohnt in Hamburg.
Warum hast du angefangen zu zeichnen?
Als Kind habe ich extrem viel gezeichnet, eigentlich fast immer, wurde aber in Strukturen groß, wo solche Talente null gefördert werden. Dadurch gab es eine lange Pause, ich habe was „vernünftiges“ gelernt und erst wieder angefangen zu zeichnen, als ich mit Mitte zwanzig nach Rumänien gegangen bin und somit einen Tapetenwechsel hatte. Ab da gings dann aber wieder richtig los.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Detailliert, etwas ausufernd in Strukturen, klassisch zeichnerisch und oft bunt. Seit ich in Japan war, bin ich ein kleines bißchen reduzierter und es gibt sichtbare japanische Einflüsse in meinem sehr europäischen Stil.
Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?
Ich bin ein sehr politischer Mensch und setze mich viel mit Gesellschaft auseinander. Das fließt in meine Comics ein. Es geht oft um Feminismus, Queerness, alternative Gesellschaftsmodelle. Aber auch persönliche Dinge sind mir wichtig, die meiner Meinung nach auch hoch politisch sein können wie psychische Erkrankungen, Ängste, Identität oder zwischenmenschliche Beziehungen. Gerade liegt mir ganz besonders die Auseinandersetzung mit Klasse und Klassenunterschieden am Herzen. In meinem neuen Buch, das gerade entsteht, wird es um Arbeit und das Aufwachsen in einer Arbeiterfamilie gehen. Das klingt jetzt alles total serious. Humor ist aber tatsächlich eins meiner wichtigsten Themen bzw. Tools, denn damit kann man den ganzen Scheiß und die Widersprüche, in denen wir uns so befinden, besonders gut entlarven und dem auch etwas entgegensetzen.
Wie suchst du dir Inspiration?
Inspiration ist überall. Ich konsumiere wahnsinnig viele Medien: Bücher, Games, Filme, Serien etc. Meine generelle Arbeitsweise ist das Aufgreifen von popkulturellen, historischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Referenzen. Diese verknüpfe ich mit meinen persönlichen Erfahrungen, Geschichten, die mir erzählt wurden, und meiner Phantasie. Aus dieser Mischung entstehen meine Comics.
Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?
Ich spreche jetzt mal nur über Comics. Durch die Text-Bild-Kombination kann die Autorin zeichnen, was sie nicht schreiben kann und schreiben, was sie nicht zeichnen kann. Somit kann eine ganz besondere Stimmung entstehen.
Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Zeichner*in?
Schlimm finde ich immer, wenn mit mir oder Kolleginnen und deren Arbeit rücksichtlos umgegangen wird, z.B. enorme Ansprüche, schlechte Bezahlung, ungefragtes Eingreifen ins fertige Werk usw. Das passiert immer mal wieder. Daraus lernt man aber auch als Künstlerin. Schöne Erlebnisse gibt es viel mehr, und da kann ich mich nicht wirklich für ein bestimmtes entscheiden. Um ein paar zu nennen: Das erste Mal meinen Debüt-Comic „Sterben ist echt das Letzte“ als publiziertes Buch des Verlags Schwarzer Turm in der Hand zu halten. Die rührende und großartige Resonanz nach meiner ersten Lesung. Die Mails und Nachrichten, wenn mein Buch, in dem es um den Tod geht, Menschen berührt hat. Dann die Übersetzung des Buchs und Publikation in den USA bei Birdcage Bottom Books. Mein Artist-in-Residency-Stipendium der japanischen Regierung und die unglaublichen zwei Monate in Tokio… Es gibt da wirklich viele tolle Erlebnisse. Ich liebe einfach, was ich tue.
Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?
Mir ist nicht egal, dass es so wenig Gleichberechtigung zwischen Menschen im kleinen aber auch global gibt, dass die Welt und besonders Deutschland immer gruseliger wird und wieder vermehrt völkisch gedacht und gehandelt wird, dass so getan wird als gäbe es keine Alternativen zum zerstörerischen Kapitalismus.
Für dieses Projekt möchte ich gerne Werbung machen:
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