SIEBEN AUF EINEN STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an: Abel Reguera.
Abel Reguera ist ein Kind der 90er. Er lebt in Münster.
Warum hast du angefangen zu zeichnen?
Ich bin in einem kulturellen Vakuum aufgewachsen. Meine einzigen Ansatzpunkte waren Comics, die sich auf dem Speicher meines Elternhauses befanden, und der langweilige Kunstunterricht. Das reichte mir als Vorwand, mein Leben dem kreativen Schaffen nach auszurichten, und ich bin einfach weitergelaufen – mit Stift und Papier bewaffnet durch den Dschungel.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Mein Stil ist in der Basis sehr organisch, und mir ist es wichtig, dass meine Illustrationen leben. Deshalb baue ich die Bildkomposition so auf, dass beim Betrachter das Gefühl von Beweglichkeit/ Dynamik entsteht. Abseits dessen versuche ich bei vorgesetzten Themen immer den richtigen Ton zu treffen, wie ein Produzent, der den richtigen Beat für einen Text bastelt. Ich denke, dass diese Wandelbarkeit ein wesentlicher Aspekt meines Stils ist.
Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?
Ein Thema, das mich schon länger beschäftigt und bei dem ich immer wieder das Kotzen bekomme, sind Kindesmisshandlungen im Elternhaus: Ein leider viel zu großes Problem in der heutigen Zeit, wenn man die Statistiken dazu sieht, und noch trauriger ist die Tatsache, dass dieses gesellschaftliche Tabu-Thema nie so richtig aufgearbeitet wird. Eltern stellen sich da meist hin und erzählen, den Tränen nahe, dass sie überfordert waren und deshalb nichts anderes machen konnten, als ihre eigenen Kinder über Jahre hinweg zusammenzuschlagen, anzuschreien und/ oder psychologischen Druck auszuüben. Diese Mitleidsschiene ist einfach nur ekelhaft. Noch ekelhafter wird es wenn sie das Verhalten der Kinder als Rechtfertigung für die ausgehende Gewalt nutzen. Frei nach dem Motto: „Ist ja mein Kind und wir können machen, was wir wollen.“ Die Kinder hingegen werden kaum erhört und haben keine Chance, da herauszukommen, denn die Angst vor den Konsequenzen ist tägliche Realität, auch weil die Eltern sie oft von Anfang an mit Drohungen therapieren. Lehrer und Nachbarn ignorieren häufig die klaren Anzeichen. Wenn die Kinder dann alt genug sind, um genau zu verstehen, was da alles mit ihnen passiert ist, da ist es meist schon zu spät und sie müssen diese innere Wut ihr Leben lang ungefiltert mit sich herumschleppen, Medikamente nehmen und die Eltern kommen damit zum größten Teil durch. Kinder sind unsere Zukunft und wenn diese mental gebrochen werden, dann stehen wir vor düsteren Zeiten und die Gewalt, ob passiv oder aktiv, wird immer weitergetragen. Meine Bachelorarbeit wird sich mit diesem Thema befassen. Da hat sich einiges angestaut und ich habe über die Jahre mit vielen Personen gesprochen, die durch die Hölle gehen mussten, aber ich habe auch oft genug gesehen, dass Kreativität ein Filter sein kann für Kids, die ihre Wut in etwas für sie Positives umwandeln können. Sei es nun zeichnen, schreiben, musizieren usw.
Wie suchst du dir Inspiration?
Einer meiner Inspirationsquellen sind die Arbeiten von Peter Hoffmann. Alles, was ich übers Zeichnen weiß, habe ich von ihm gelernt. Meiner Meinung nach einer der besten Illustratoren im Lande. Nicht nur seine Zeichnungen sind pure Inspiration, sondern auch seine philosophische Herangehensweise haben es mir sehr angetan. Ich hatte das Glück, ihn drei Semester als Lehrer und Mentor erlebt zu haben, und auch darüber hinaus hat er mir sehr geholfen. Ohne ihn hätte ich wohl mein Design Studium abgebrochen und lieber DIY weitergemacht. Ansonsten suche ich bei der Arbeit immer ein gutes Album raus. Es gibt keine bessere Inspiration als Musik. MF DOOM und die Slim Shady LP sind auf dem Plattenspieler Dauergäste.
Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?
Themen verspielt und direkt auf den Punkt bringen. Außerdem benötigt man kein großes Team, um ein Endprodukt zu erschaffen, sondern einfach nur eine verrückte Person in einem kleinen Zimmer ohne Fenster.
Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Zeichner*in?
Vor einer unglaublich schönen, reinen weißen Fläche zu sitzen und diese mit dem ersten Strich zu zerstören. Destroy, Rebuild and Repeat.
Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?
Mir ist nicht egal, dass Illustration keine Kunst sein darf. Als mein Dozent mich in sein Büro zitierte und zu mir trocken meinte, dass ich doch lieber zur Kunstakademie gehen soll, wenn ich meine Arbeit mit Emotionen aufladen möchte, musste ich doch sehr lachen und wäre fast vom Stuhl gefallen. Aber nur fast. Wollte ja nicht zu emotional werden.
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