SIEBEN AUF EINEN STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an: Julie Weißbach.
Julie Weißbach wurde 1982 in Dresden geboren und lebt und arbeitet in Lübeck.
Warum hast du angefangen zu zeichnen?
Ich liebe das Zeichnen, seit ich einen Stift halten kann. Es ist mir seit meiner frühsten Kindheit ein Bedürfnis, mich – analog und auf Papier – auszudrücken. Ich habe noch nie nicht gezeichnet. Nicht zu zeichnen wäre, wie eine Sprache nicht zu sprechen, obwohl es so viel zu sagen gibt.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Meinen Stil würde ich als „poetischen Realismus“ bezeichnen. Dabei setze ich auf zarte Linien und Details. Ich zeichne hauptsächlich mit Copic Markern, sie geben meinen Illustrationen einen malerischen und zugleich zeitlosen Charakter. Ich frage mich bei jeder Illustration: transportiert sie Emotionen? Erzählt sie eine Geschichte? Geht sie tiefer als das Offensichtliche? Poesie und Ästhetik sind mir sehr wichtig. Ich möchte mit meinen Zeichnungen einen Kokon schaffen, in den der Betrachter oder die Betrachterin eintauchen kann und sich selbst darin wiederfindet.
Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?
Mein Thema? Das Menschsein in all seinen Facetten. Das Leben und seine Wege und Möglichkeiten, und die Sackgassen, an denen wir wachsen. Ich finde es faszinierend, wie der Blick auf die Dinge die Wahrnehmung der Welt bestimmt. Selbstermächtigung entsteht aus der Erkenntnis, nicht das Opfer der eigenen Ängste sein zu müssen. Wir können so viel schaffen, wenn wir an uns glauben. Wir können Brücken bauen, denn zusammen wird alles größer. Es ist spannend, wie verschiedene Menschen ein und dieselbe Situation als völlig verschiedene Geschichten erleben: da geht mir der Stoff aus dem meine Illustrationen und auch meine Musik (ich bin auch Singer-Songwriterin) gemacht sind, nie aus.
Wie suchst du dir Inspiration?
Inspirationen begegnen mir im Alltag. Besonders unterwegs, im Bus, auf dem Weg in die Stadt oder in der Schlange im Supermarkt. Es sind die kleinen alltäglichen Geschichten, die mich faszinieren. Ich schreibe sie auf und wenn ich Worte für sie habe, dann kommen auch Bilder, manchmal auch ein Song oder genau umgekehrt.
Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?
Illustrationen erzählen Geschichten ohne Worte. Sie transportieren Emotionen, deren Intensität immer etwas mit dem Betrachter zu tun haben. Sie sind ein Spiegel unserer Zeit und dabei doch nicht an Zeit gebunden. Sie sind viel mehr als nur ein Abbild- sie sind was sie sind und was wir daraus machen.
Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Zeichner*in?
Die Prämierung meines handgezeichneten Kurzfilms „Existence Extra Ordinaire“ mit dem 2. Platz bei den Konstanzer Kurzfilmspielen und einer lobenden Erwähnung im internationalen Animationsfilmwettbewerb des Kultursenders Arte.
Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?
Mir ist nicht egal, dass viele Künstler nicht von ihrer Arbeit leben können. Dem Kulturbetrieb haftet bis heute das Bild der „Brotlosigkeit“ an. Dabei zeigt sich gerade in Zeiten wie diesen, wie sehr wir die Kunst brauchen, als Kompass und als Anker, als Bild unserer Zeit und um jene Spur zu hinterlassen, die wir kulturelles Erbe nennen. Und darum ist es ein Problem, dass (auch in renommierten) Verlagen kostenlose Probeillustrationen Gang und Gebe sind, es ist ein Problem, dass Musiker für Kost und Logis spielen anstelle für eine Gage, es ist ein Problem, wenn Berichte über Künstler in den Medien mit dem Aufhänger stattfinden, wie arm ein Künstler ist, anstelle darüber zu berichten, was dieser zu sagen hat. Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel. Und darum: liebe Kollegen, lasst uns keine Kompromisse mehr machen, wenn es um den Wert unserer Arbeit geht, denn sie ist wertvoll – es beginnt bei uns.
Für dieses Projekt möchte ich gerne Werbung machen:
Gerade ist mein erstes Buch im Verlag Altepost erschienen. Es heißt „Hinter dem Rauschen der Welt klopft das Herz“. Es ist ein Gedankenbilderbuch mit kurzen Texten, Gedichten und Geschichten über das Leben und ebensolchen Illustrationen. Es ist eine Einladung, unter die Oberfläche zu tauchen und dem eigenen Sein auf die Spur zu kommen. Auf meiner Website kann man es mit Widmung kaufen. Und ich veranstalte regelmäßig Onlinekonzerte, auf denen ich zwischen meinen Songs aus meinem Buch vorlese. Termine und Konzertaufzeichnungen findet man auch auf meiner Website.
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