SIEBEN AUF EINEN STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an: Anne Heyroth.
Anne Heyroth wurde 1994 geboren lebt und arbeitet im Rhein-Kreis-Neuss.
Warum hast du angefangen zu zeichnen?
Erst aus dieser kindlichen Freude heraus und dann auch unbewusst als Bewältigungsmechanismus. Meine Eltern haben sich etwas heftig vor unseren Augen getrennt als ich 5 war. Meine psychischen Wunden wucherten unbehandelt vor sich hin. Mit dem Zeichnen griff ich nach einer kontrollierbaren Welt, einem anderen Ich. Es lenkt ab, beruhigt. Ein bisschen Eitelkeit gehörte auch dazu. Ich genoss die kleinen Momente der Bewunderung, die mir das brachte. Manche Filme oder Spiele weckten in mir später natürlich den Ehrgeiz: Das will ich auch so können!
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Blockhaft, grobschlächtig, hektisch, dynamisch? Ich suche zumindest visuellen Rhythmus. Linien sind mein Leitfaden und ich denke formbetont.
Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?
Oh mann. Bei sowas ramble ich schnell. Ein Lieblingsthema sind Tierwesen. Ich möchte meine Neid-Gier nach der Schönheit der Tiere verarbeiten, schwelge darin. Weshalb ich Körper bisher stets als ästhetisches Designobjekt erkundet habe, sprich Characterdesign und Furrykunst. Tierwesen als Ausdruck von Identität finde ich spannend. Auch zum Ausdruck menschlicher Triebhaftigkeit sehr reizvoll. Die wilde Frau, der wilde Mann. Das passt auch zu meiner Liebe für die Folklore. Ich mag Themen der Anthropologie, Kulturgeschichte, Naturkunde und Selbstversorgung. Ich erkunde gerne, was Menschen alles so schaffen können, wie sie mit Handwerk gegen Limits rebellieren, sich vielfältig Parallelwelten als Lebensraum errichten und welche gewaltigen Wellen dieser Schaffensdrang schlägt. Die größten Wellen schlägt dabei die Industrie und die fasziniert mich auch besonders. Sie ist bildgewaltig. Konkret liebe ich die Formen, Farben und archaisch elementare Power, die man in Gleistechnik und Montanindustrie findet. Und bin baff, wie dort Skulptur, auf bestimmte Weise verwoben, plötzlich magische, naturzähmende Funktion erfüllt. Im Kontrast zu meiner Naturbewunderung ist da also diese Industriebewunderung. Was logischerweise auch zwiespältig ist. Mich packt das Dilemma zwischen dem Schaffenstier und seiner Umwelt. Den Platz des Menschen nachzuvollziehen hat mich schon als Kind wach gehalten. Und bei Industrie und Bau geht’s akut um die Schaffung/Findung unserer Nische. Speziell die Stätten im Pott, wo atemberaubendes industrielles Drecksmachwerk der Montanindustrie heute mit grüner Landschaft versöhnt wurde, sind mitunter deswegen Sehnsuchtsorte und Muse für mich. So scheinheilig visuell diese Harmonie auch ist. Mit da rein spielt aber auch ganz plumpe Mediennostalgie. Rustikale Industriedarstellung in Ghiblifilmen zum Beispiel. :)
Wie suchst du dir Inspiration?
Klassische Referenzrecherche. Oder ich lass‘ mich vom Anblick der Portfolios guter Künstler anspornen. Auch die Beliebigkeit des eigenen Geschmacks kann interessante Motivkombis erwürfeln. Manchmal setz‘ ich beim Medium an und gucke mir ab, was man grundsätzlich so schaffen kann und münze das um, auf meine Interessen und Möglichkeiten. Bei einer konkreten Zielsetzung erstelle ich mir inzwischen systematisch ein Moodboard und orientiere mich mit Text. Weitere Inspiration ab und zu sind meine Träume.
Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?
Sie laden in Bildwelten ein, ohne dass man teuer Filme produzieren muss. Sind dazu noch viel wendiger mit Stilmitteln. Sie können ganz punktuell reduzieren, betonen. Sie können mehrere Bilder gleichzeitig senden. Und sie liefern unzählige spannende stilistische Geschmacksrichtungen – wie ein visuelles Buffet. Viele Zeichenstile gibt es nicht als Film oder sind dann zwecks Aufwand in ihrer Länge beschnitten. Ich bin allerdings gespannt, wie AIs das aufmischen werden.
Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Zeichner*in?
Das Schönste für mich war, Illustration in Hamburg studieren zu dürfen.
Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?
Mir ist nicht egal, dass ich mit Worten nicht so kann, wie ich will. 🐚🦀
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