SIEBEN AUF EINEN STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an: Anna-Maria Jung.
Anna-Maria Jung wurde 1984 geboren und lebt und arbeitet in Graz/Österreich.
Warum hast du angefangen zu zeichnen?
Schwierig zu sagen. Ich hab schon als Kind gerne Cartoons geschaut. Damals war gerade „Wickie und die starken Männer“ im Fernsehen und ich habe Wickie immer wieder gezeichnet, wenn ich mich richtig erinnere. Wir hatten auch von irgendwoher ein Disney-Buch ausgeborgt, ich hab daraus Bambi abgezeichnet und war total fasziniert von niedlichen Figuren. Die Faszination für das Niedliche, runde Formen war schon als Kind sehr stark ausgeprägt und ist nie weggegangen. Man muss auch dazu sagen, meine Eltern haben es auch gefördert, insofern ist es immer dageblieben und weiter gewachsen.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Süß und niedlich, aber auch schwarzer Humor und grauslig manchmal. Im Japanischen gibt’s einen Begriff dafür: Kimokawaii. „Kawaii“ steht für „niedlich“ und „Kimo“ für „ein bisschen ekelhaft“. Ekelhaft wird’s bei mir allerdings eher weniger, eher schwarzhumorig. Ich zeichne auch lieber Horror-Aspekte z.B. Lovecroft im niedlichen Stil, also ist mein Stil wohl eher niedlich mit einer Prise (oder etwas mehr) dunklem Humor. Außerdem verbinde ich gerne das Banale mit mythischen Figuren wie Vampire oder Zombies, Lovecraft-Monster, Godzilla. Außerdem bin ich stark beeinflusst von modernen Animations- und Trickserien wie z.B. „Gravity Falls“ und „Steven Universe“, die in dne letzten 20 Jahren rausgekomemn sind.
Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?
Vor allem Nerd-Themen, allen voran Pen-&-Paper-Rollenspiele, Serien aus dem Nerd-/Popcultur-Bereich. Die Silliness von Monty Python hat mich sehr beeinflusst und einfach „doofer“ Humor, der unterstreicht, dass wir uns alle miteinander nicht so ernst nehmen sollten. Hey, wir schweben alle auf einem Ball im Universum im leeren Raum und nehmen uns dafür viel zu ernst.
Wie suchst du dir Inspiration?
Vor allem durch das Konsumieren von Medien. Ich schaue Serien und Filme, ich spiele Computerspiele und Pen-&-Paper-Rollenspiele und lese Bücher bzw. höre Hörbücher. Comics waren früher auch ein starker Einfluss, heutzutage aber nicht mehr so. Früher bin ich auch gerne in Kunstmuseen gegangen, vor allem klassische Kunst im Kunsthistorischen Museum Wien, da bin ich aber ein bisschen faul geworden. Zusammenfasend würde ich sagen, mich faszinieren alle Medien, die eine Geschichte – vor allem im fantastischen Bereich – erzählen, Fantasy, SciFi usw. Im echten Leben such ich mir phasenweise Inspiration. Wenn ich gerade gut drauf bin, setz ich mich gern raus und beobachte die Leute und zeichne sie. Aber das geschieht eher selten, weil ich mich im freien mit dem Zeichenblock nicht so wohl fühle, leider. Ich wünschte, es wäre anders.
Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?
Vor allem können sie mit mehr Dingen durchkommen. Sie können um einiges versteckter kritische Themen behandeln und rutschen damit besser durch – je nachdem, wo man ist – die Zensur… Sie erreichen mehr Menschen, weil sich ein Mensch schneller mal einen Cartoon oder einen Comic anschaut, bevor er oder sie sich eine Kolumne in einer Zeitung durchliest. Wenn das Comic oder der Cartoon ein kritisches Thema auf den Punkt bringt, kann das bei jemandem viel schneller eine Denkänderung erzeugen als eine längere Kolumne, eine (Doku-)Serie oder ein Film. Vor allem Editorial Illustration in Zeitungen kann sehr viel in einem Bild aussagen. Zusammengefasst: Comics, Cartoons und Illustrationen können im Nicht-Bewegten, also wenn es sich nicht um Animationen handelt, mit einem Blick aufgenommen werden und ästhetisch auch etwas bewirken. Und sie dürfen dabei auch „doof“ sein – das finde ich sehr schön!
Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Zeichner*in?
Die schönsten Erlebnisse: Wenn Leute, die ich als Vorbilder betrachte, nett zu mir waren. Zum Beispiel als ich mit 17 beim Comicsalon Erlangen den Zeichner von „Transmetropolitan“ getroffen hab (Darick Robertson, im Gegensatz zum Schreiber Warren Ellis, der in den letzten Jahren ja verdienterweise keine gute Publicity bekommen hat). Das war ein unglaublich netter Typ, unglaublich respektvoll. Ich war als einzige Frau in der Schlange, er hat mich unglaublich freundlich behandelt, dabei aber auch keine Grenzen überschritten, was nicht immer selbstverständlich ist bei sowas. Vor allem hat er mein Portfolio angeschaut und mir sehr nette Kommentare dazu gegeben und war einfach wirklich nur daran interessiert, mir Feedback zu geben und mir weiterzuhelfen und mehr nicht. Vor allem als Frau kann es einem in dem Bereich echt passieren, dass man da anders, auf eine ungute Art und Weise, behandelt wird. Und das ist mir mit ihm nicht passiert. Außerdem habe ich 2012 auf einem ganz, ganz kleinen Indie-Comicfestival Matt Groening, den Macher der „Simpsons“, getroffen und ihm einfach gesagt, wie toll ich ihn finde und wie sehr er mich beeinflusst hat. Die Simpsons waren ein ganz, ganz großer Einfluss in meinen Teenagerjahren, und er hat mir einfach eine kleine Zeichnung gegeben, ungefragt. Richtig arge Erlebnisse kommen mir nicht in den Sinn, aber als ich 16 war, hatte ich meinen ersten Job und bin dabei voll übers Ohr gehauen worden. Ich hatte einfach noch keine Ahnung von Verträgen und Urheberrecht. Der Auftraggeber hat einfach alle Originalzeichnungen behalten und mich dann noch wie ein Kleinkind behandelt, als ich mich darüber aufgeregt habe. Ich wäre hundertprozentig im Recht gewesen, hab mich aber nicht getraut, meine Rechte durchzusetzen, weil mich das psychisch total belastet hat. Im Nachhinein würd ich ihm die Anwälte auf den Hals hetzen! Aber: Die Firma ist inzwischen übrigens pleitegegangen.
Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?
Mir ist nicht egal, dass die T-Shirt-Industrie, in der ich die letzten zehn Jahre drin bin und sehr gut platziert war, immer mehr den Bach runtergeht und dass es immer mehr Leute auf der ganzen Welt gibt, die die Zeichnungen kopieren und illegal auf Shirts drucken und damit die Arbeit anderer Zeichner untergraben und deren Verkäufe damit zerstören. Leider kann man gegen sowas nicht wirklich etwas tun.
Ich werde gerade für 7AUF1STRICH mit Mitteln aus dem Stipendiatenprogramm von NEUSTART KULTUR gefördert. Herzlichen Dank! Aktuell gibt es übrigens wieder neue Stipendien, ich empfehle allen, die journalistische/kulturelle Projekte betreiben, sehr, es dort einmal zu versuchen. Mehr Infos und Anmeldung via soziokultur.neustartkultur.de
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