7AUF1STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an: Christine Mühlberger.
Christine Mühlberger wurde 1966 geboren und lebt und arbeitet in Wuppertal.
Warum hast du angefangen zu zeichnen?
Ich habe WIEDER angefangen zu zeichnen, als ich Anfang 2020 im Homeoffice eingesperrt war. Meine aktuellen Arbeiten sind sozusagen ein Produkt der Pandemie. Zuerst waren die Zeichnungen nur eine Möglichkeit, die unendlich lange Zeit zu füllen und Kontrolle über Prozesse und Dinge zurückzugewinnen. Sie halfen mir auch, aufmerksamer, nachdenklicher und neugieriger zu werden. Ich fühlte mich wieder mehr mit den Menschen und dem Leben verbunden.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Mein Stil ist zurzeit ganz klar von der Einstrichzeichung geprägt. Mich fasziniert, wie viele Informationen eine zweidimensionale Linie über dreidimensionale Körper enthält. Es braucht nur ganz wenig, um das Charakteristische des Bildobjekts einzufangen – so wie ich es sehe. Das ist natürlich sehr subjektiv. Ich spiele mit der Wirkung zwischen 2D und 3D und lasse alles weg, was für die Geschichte nicht nötig ist. Das Meiste passiert im Kopf der Betrachtenden. Manchmal ruft ein Motiv nach mehr, dann gebe ich Aquarellfarbe dazu oder es wird eine Mixed-Media-Arbeit.
Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?
Es sind weniger die Themen als Objekte, bzw. Subjekte, nämlich der Mensch. Personen, die eine interessante Körperhaltung haben, wodurch sich Spannung im Bild aufbaut, Kraft durch das Setting geht. Das ist besser zu verstehen, wenn man weiß, dass ich meist nach einem Referenzbild arbeite. Diese Fotografie oder ähnliches muss mich faszinieren, sofort packen, dann will ich auch gleich den Stift auspacken und loslegen. Der tanzende Mensch kommt deshalb häufiger vor. Er kommt auch deshalb häufiger vor, weil ich selber tanze. Ich vermische also darstellende mit bildender Kunst. Jetzt hat sich bei der Antwort auf diese Frage tatsächlich ein Thema herauskristallisiert …
Wie suchst du dir Inspiration?
Ha! Siehe 3. Es muss mich einfach anspringen, ich kann da nichts erzwingen. Ich fertige auch Auftragsarbeiten an – und gerne. Aber die Motive sind bedeutend schwieriger umzusetzen, weil ich keinen emotionalen Bezug zu den Personen habe. Dann fühlt sich die Zeit am Zeichentisch schnell nach Arbeit an.
Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?
Zeichnungen, minimalistische Zeichnungen, können eine Aussage schnell und eindeutig auf den Punkt bringen und dabei trotzdem emotional sein. Mich erstaunt es selber, wieviel Aussagekraft der einzelne Strich hat. Und da der Mensch die meisten Informationen über das Sehen aufnimmt, bleibt eine schlichte, prägnante Zeichnung schnell im Gedächtnis hängen – und mit ihr die Aussage oder das, was die Betrachtenden gesehen und/oder gefühlt haben.
Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Zeichner*in?
Mein schönstes Erlebnis ist, wenn ich in einer Ausstellung die Besucher heimlich belauschen kann und höre wie sie rätseln: „Wie hat sie das gemacht? Wo ist denn hier der Anfang? Ist das wirklich nur eine Linie?“ Ich freue mich immer wahnsinnig, wenn ich neugierige Besucher habe, die alles ganz genau wissen wollen.
Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?
Mir ist nicht egal, dass Kunst nur an seinem Endprodukt gemessen wird und für Künstler meist die Ausbildung Qualitätsmaßstab ist. Ich finde, Kunst sollte sich noch viel mehr in die Breite öffnen. Kunst ist ein Prozess. Es gibt unterschiedliche Phasen, genau wie in unserem Leben selbst, was nicht verwundert, denn wir leben ja. Hoffentlich.
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