MARIKA REIS

SIEBEN AUF EINEN STRICH – das sind täglich 7 Fragen an Comic-Zeichner*innen und Illustrator*innen. Diesmal an: Marika Reis.

Marika Reis wurde 1996 in Mainz geboren und lebt und arbeitet in Hamburg.

Warum hast du angefangen zu zeichnen?

Schon als Kind haben mir Malen und Zeichnen Spaß gemacht, aber eher so nebenbei, wie es den meisten Kindern Spaß macht. Ich selbst war mehr daran interessiert, Geschichten zu erzählen und zu schreiben und generell an Themen wie Natur und Tiere. Das hat sich erst so mit 11 geändert, als ich auf die weiterführende Schule gewechselt bin und dort den Anschluss an andere Leute in meinem Alter verloren habe. Damals war ich viel alleine und habe angefangen, Animes auf YouTube zu gucken und Mangas zu lesen und die Charaktere abzupausen. Irgendwann habe ich dann begonnen, meine eigenen Charaktere zu zeichnen und dafür immer mehr Zeit aufgebracht, sodass mich bald auch andere Themen interessiert haben. Seitdem war mir das Zeichnen immer ein guter Begleiter – und ich habe nie wieder damit aufgehört.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Ich selber habe immer den Eindruck, dass ich gar keinen festen Stil habe, aber Freund*innen von mir sagen oft, dass sie meine Sachen bzw. meinen “Stil” immer erkennen. Aber was für einen Stil ich genau habe, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, was ich mir von welchen Künstler*innen abgeguckt habe; wer welchen Anteil daran hat, dass ich die Hände so zeichne, wie ich sie zeichne oder von welchem Bild ich dieses und jene Struktur kenne usw. Künstler*innen, die meinen Stil in letzter Zeit sehr beeinflusst haben, sind Hirohiko Araki, Lala Albert, Heather Benjamin und Malwine Stauss.

Welche Themen liegen dir besonders am Herzen?

An der Oberfläche können das Themen wie Struktur, Stoff, Bewegung, Körper, Anatomie, Feuchtpräparate, Mondfische, innere Organe, Mode oder Kampfsport sein. Aber sobald ich bei jedem dieser Themen in die Tiefe gehe, komme ich immer wieder auf das autobiografische Erzählen zurück und was mich persönlich mit diesen Themen verbindet. Oft geht es mir beim Zeichnen viel weniger um das Ergebnis als um den Prozess: Zeichnen kann extrem frustrierend und angsteinflößend sein! Das kennen wir, glaube ich, alle – gerade von den ersten Jahren, wenn wir das Zeichnen gerade begonnen haben. Diese Verzweiflung, die man fühlt, wenn etwas einfach nicht so wird wie man will; wenn man das Gefühl hat, dass man das Bild “verkackt” hat oder wenn man keine Idee hat. Das fühlt sich fürchterlich an: Wie sehr möchte man das Blatt dann einfach zerknüllen, „alles scheiße“ rufen und es in die Ecke werfen!? Für mich geht es genau darum, diese Verzweiflung auszuhalten und mir selbst zu vertrauen und zu sagen „Es wird schon okay, dir fällt noch was ein. Und wenn das Bild nicht ‚gut‘ wird, dann kann ich trotzdem daraus etwas lernen“. Das ist auch der schwierigste, aber auch der lehrreichste Teil beim Zeichnen für mich – und der Grund, warum sich Zeichnen für mich gut anfühlt.

Wie suchst du dir Inspiration?

Im aktuellen Moment ein schwieriges Thema, da ich seit bald einem Jahr nicht mit meinen Bachelorprojekt weiterkomme. Ich habe viele Ideen, aber mir fällt es schwer, mich auf eine Sache zu fokussieren. Ich arbeite die ganze Zeit vor mich hin, mache gute und interessante Sachen, aber sobald ich mir dann vornehmen, mich auf ein Thema festzulegen, arbeite ich dann doch die ganze Zeit an anderen Dingen weiter, um nur nicht an meinem Bachelor weiter arbeiten zu müssen. Dadurch sind alle meine Aquarelle und Stickereien im letzten Jahr entstanden. Normalerweise starte ich mit einem Spaziergang oder untersuche Dinge genauer, die ich interessant finde und komme dabei sofort automatisch ins Erzählen rein. Beim Zeichnen versuche ich mich selbst so “leer” wie möglich zu machen, um zu gucken, was da dann von außen kommt. Bisher hat das auch immer früher oder später funktioniert – und daran glaube ich auch jetzt bei meinem Bachelorthema.

Was können Comics, Cartoons und Illustrationen, was andere Medien nicht können?

Zeichnen hat für mich sehr viel mit Fühlen zu tun und dieses “Nachfühlen” habe ich auch schon immer erlebt, wenn ich mir Bilder angeguckt habe. Mich können Bilder und visuelle Dinge mehr berühren als andere Medien. Vielleicht liegt das zu einem Teil daran, dass ich Legasthenie habe und das (Wörter)lesen nie zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört hat. Beim Comic ist es speziell das Erzählen auf so vielen verschiedenen Ebenen, die ineinander verwoben, nebeneinander oder im Gegensatz zueinander eine komplett neue Narration ergeben.

Dein schönstes/schlimmstes Erlebnis als Zeichner*in?

Für mich ist das bis heute die Zeit an dem Landeskunstgymnasium Alzey gewesen: Eine staatliche Kunstschule, an der ich von der 10ten bis zur 13ten Klasse war! An diese Schule zu wechseln, war eine der besten Entscheidungen in meinen Leben, auch wenn die schon lange her ist: Diese 4 Jahren bedeuten mir unheimlich viel und haben mir vieles von dem gegeben, das ich jetzt habe: Meine Fähigkeiten, meine Freund*innen, aber auch das Vertrauen in mich und meine Kunst. Das war damals das erste Mal in meinen Leben, dass ich das Gefühl hatte, an einen Ort zu sein, an den ich hingehöre und wo andere Menschen sind, die mich akzeptieren und verstehen. Ohne das Kunstgymnasium hätte ich wahrscheinlich nach der 10ten oder 11ten Klasse die Schule abgebrochen und wer weiß, was ich dann jetzt machen würde. Ich hatte dort eine tolle Klassengemeinschaft, in der jede*r das „komische Kunst-Kind“ war, einen fantastischen Lehrer und einen Ort, an dem ich mich bis heute willkommen und zu Hause fühle.

Kannst du den Satz: „Mir ist nicht egal, dass…“ vervollständigen?

Mir ist nicht egal, dass viele Menschen auf kreative Berufe, wie Illustrator*innen, Designer*innen und Zeichner*innen, herabsehen oder anderen davon abraten, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Früher habe ich oft selber Witze wie “Haha, ich werde Illustratorin, da hab ich eh kein Geld” oder “Haha, ja ich studiere ja auch gar nichts Richtiges” gemacht. Mittlerweile lasse ich das: Wie soll ich von anderen Berufsgruppen, Ämtern oder Freunde und Familie ernst genommen werden, wenn ich selbst schon meinen Beruf so schlecht rede? Ich sollte mich selbst ernst nehmen, das ist der erste Schritt dahin meinen eigenen Wert und den Wert meine Arbeit, Fähigkeiten und meines Berufs anzuerkennen.

Instagram: @rexagonhex
Spotify: Playlist zum Instagram-Comic „Magnificent Metal mit Marika“

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